Mit Kalifornien hat am 1. Januar 2018 die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt Cannabis legalisiert.
Obwohl andere US-Bundesstaaten schon früher einen regulierten Cannabis-Markt geschaffen haben, wird mit Kalifornien der ohnehin größte Absatzmarkt der Welt jetzt noch schneller wachsen. Bereits jetzt sollen die jährlichen Umsätze mit medizinischem Cannabis, das in Kalifornien 1996 legalisiert wurde, sieben Milliarden Dollar betragen. Cannabis ist in dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat seit 2009 die umsatzstärkste Agrarpflanze. Die Regulierung von Recreational Cannabis war eine gesellschaftliche Notwendigkeit, weil die verbotene Pflanze längst nicht mehr nur aus medizinischen Gründen angebaut und verkauft wurde. Es galt als offenes Geheimnis, dass der Markt für medizinisches Cannabis immer mehr einen Graubereich abdeckte, in dessen Rahmen viele den Status eines Cannabis-Patienten suchten, um sich vor Strafverfolgung für den Besitz, Konsum oder den Anbau zum Eigenbedarf zu schützen.
Deshalb war die Annahme von Proposition 64 am 8. November 2016, dem Tag der letzten US-Präsidentschaftswahlen, eigentlich nur noch eine Manifestation des Status Quo und die klare Zustimmung von 57,1 % auch keine große Überraschung. Und weil es absehbar war, waren Justiz und Politik auch besser vorbereitet als seiner Zeit die Verantwortlichen in Colorado oder Washington State. So wurden auf Basis des Textes von Proposition 64 bereits vor deren Inkrafttreten am 1. Januar 2018 in Senate Bill No. 94 zahlreiche Gesetze und Erlasse formuliert. Kalifornien scheint gut vorbereitet, weil die neuen Regeln nicht nur Interessen von Jugendschutz und Prävention, sondern auch die Ansprüche der Verbraucher und wirtschaftlichen Interessen von Produzenten und Shops berücksichtigen.
Was ist erlaubt?
Senate Bill No. 94 erlaubt Personen über 21 bis zu 28,5 Gramm Marihuana und bis zu 8 Gramm Cannabiskonzentrate zu besitzen und zu verwenden. Erwachsene dürfen maximal sechs lebende Cannabispflanzen und das von diesen Pflanzen geerntete Cannabis besitzen. Die Herstellung von Cannabiskonzentraten unter Verwendung flüchtiger Lösungsmittel gilt für Privatpersonen als Straftat, sofern sie nicht im Besitz einer staatlichen Genehmigung sind. Erlaubt hingegen sind mechanische Trennverfahren sowie die Extraktion mit nicht flüchtigen Lösungsmitteln wie zum Beispiel Alkohol. Das medizinische Cannabisprogramm bleibt bestehen. Um medizinisches Cannabis zu erhalten, müssen Patienten 18 Jahre alt sein und entweder eine aktuelle ärztliche Empfehlung, eine gültige Besitzkarte für medizinisches Cannabis vorweisen oder einen so genannten Caregiver beauftragen. Ein Caregiver darf in Kalifornien für maximal fünf Patienten medizinisches Cannabis anbauen und es Ihnen verkaufen.
Was bleibt verboten?
Der Konsum in der Öffentlichkeit bleibt verboten, Cannabis darf ausschließlich auf Privatgelände konsumiert werden. Hauseigentümer und Vermieter können den Gebrauch und Besitz von Cannabis auf oder in ihren Immobilien verbieten. Es bleibt weiterhin verboten, Cannabis aus Kalifornien auszuführen. Das gilt auch für die Grenzen zu anderen US-Bundesstaaten, in denen Cannabis legal ist. Obwohl es nach kalifornischem Recht legal ist, darf Cannabis auf bundeseigenen Grundstücken wie Nationalparks, einigen Highways und Flughäfen weder konsumiert noch besessen werden. Frühere Verurteilungen wegen Konsum, Besitz, Anbau, Verkauf, Transport oder Import von Cannabis können überprüft und nachträglich zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft werden. Die Höchststrafe für Besitz, Verkauf oder Überschreitung der vorgegebenen Höchstmengen liegt bei sechs Monaten Gefängnis sowie empfindlichen Geldstrafen. Produzenten und Shopbesitzern drohen bei Regelverstößen zudem der Entzug der Lizenz. Mehr als eine Handvoll Gemeinden oder Landkreise machen von ihrem Recht Gebrauch, grundsätzlich keine Cannabisshops zuzulassen. Burbank, Pasadena und Glendale und ein paar andere kleinere Städte und Gemeinden bleiben Cannabis feindlich gesinnt. Dort wo sich die lokalen Behörden bereits 22 Jahre erfolgreich gegen die Eröffnung von Medical Dispensaries wehren, wird es also auch zukünftig keine Shops geben.
Der Anbau.
Für Anbaulizenzen, die vom California Department of Food and Agriculture (CDFA) ausgegeben werden, wird eine einmalige Gebühr erhoben, die je nach Größe des Anbau- und Lizenztyps zwischen 135 und 8.655 US-Dollar beträgt. Sobald ein Züchter für eine Lizenz zugelassen ist, wird die Gebührenordnung so angepasst, dass sie die jährliche Produktion der Anbaufläche widerspiegelt und zwischen 1.205 und 77.905 US-Dollar liegt. Wer jetzt schon über eine Lizenz zum Anbau von medizinischem Cannabis verfügt und ab sofort auch für Freizeitkonsumenten anbauen möchte, muss neue Lizenzen beantragen und erhält bis zu deren Vergabe eine vorübergehende Lizenz. Um sicherzustellen, dass die bestehenden Unternehmen ausreichend Zeit haben, die neuen Lizenzen zu bekommen, gilt diese Übergangsregelung bis zum 1. Juli 2018. Aufgrund des enormen Energiebedarfs traditioneller Indoor-Anbautechniken war es dem Gesetzgeber wichtig, ein festes Regelwerk für die Abfallwirtschaftsprozesse und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu entwickeln. Um auch hier einen vernünftigen Übergang zu ermöglichen, müssen Produzenten ihren CO2-Ausstoß und den Wasserverbrauch ab 2023 dem „durchschnittlicher Treibhäuser“ angepasst haben.
Der Handel.
Mit einer ähnlichen Übergangslizenz wie die Grower dürfen auch Medical Dispensaries seit Januar:
- ihr Geschäft unabhängig von der Art der beantragten Lizenz weiter betreiben und auch an Freizeitkonsumenten verkaufen
- Cannabisprodukte verkaufen, die noch nicht den neuen Vorschriften entsprechen, sofern sie diese in Form eines Aufkleber nachträglich anbringen
- Cannabisprodukte verkaufen, deren Originalverpackung nicht kindersicher ist, sofern diese in einen zusätzlichen, kindersicheren Behälter verpackt werden
- Cannabisprodukte verkaufen, die mehr THC enthalten als eine Verkaufseinheit dem neuen Gesetz zufolge haben darf, sofern sie dies als zusätzliche Information in Form eines Aufklebers nachträglich anbringen
- Für den Groß- und Einzelhandel werden ab Juli verschiedene Lizenzen vergeben:
- A-Lizenz für den Verkauf an erwachsene Freizeitkonsumenten
- M-Lizenz für den Verkauf von medizinischem Cannabis an registrierte Cannabis-Patienten
- Ein Unternehmen kann sowohl M- als auch A-Lizenzen in denselben Räumlichkeiten besitzen, solange der Verkauf räumlich getrennt ist
- Neben den Verkaufslizenzen gibt es noch Lizenzen zur Weiterverarbeitung von Cannabisprodukten:
- Typ 7 berechtigt zur Extraktion mit flüchtigen Lösungsmitteln wie Butan, Hexan oder Pentan
- Typ 6 berechtigt zur Extraktion mit einem nichtflüchtigen Lösungsmittel (Butter, Öl, Wasser, Ethanol oder Kohlendioxid in Lebensmittelqualität) oder einer mechanischen Methode
- Typ N berechtigt zur Herstellung cannabishaltiger Lebensmittel, Getränken, E-Liquids, oder Tinkturen
- Typ P berechtigt zur Verpackung und Etikettierung
Die Regierung zieht mit.
Kaliforniens Finanzminister Chiang hat außerdem angekündigt, der Branche endlich zu ermöglichen, ihr Geld zur Bank zu bringen. Aufgrund bestehender Bundesgesetze haben US-Banken in allen Staaten, in denen Cannabis legalisiert wurde, Bedenken, mit der Branche Geschäfte zu machen. Die Banker befürchten, dass sie auf Bundesebene strafverfolgt werden, wenn sie Cannabis-Dollars annehmen. Chiang kündete im November 2017 die Gründung einer Cannabis Banking Working Group an, um nach einer Lösung für den signifikanten Unterschied zwischen Landes- und Bundesrecht zu suchen und den Unternehmen einen Zugang zum Bankwesen zu ermöglichen. Im Januar entschied die Regierung zudem, dass sich Cannabisunternehmen Markenrechte sichern und ihre Produkte unter den gleichen Jugendschutzbedingungen bewerben dürfen wie Brauereien oder Winzer. Anders als in Oregon, Colorado oder Washington State genießt die Cannabis-Branche in Kalifornien viel Unterstützung in Politik- und Regierungskreisen. In Denver oder Seattle gab es für Produzenten und Handeltreibende nach der Legalisierung mehr sinnlose Vorschriften als Unterstützung zur Gründung ihrer Geschäfte und Firmen. Doch auch wenn Kalifornien besser als andere vorbereitet zu sein scheint, fehlt in allen Cannabis-freundlichen US-Bundesstaaten etwas Elementares: Nur in Oakland und San Diego haben Cannaseure die Möglichkeit, außerhalb der eigenen vier Wände in gemütlicher Runde einen Joint unter Freunden zu genießen. In diesen beiden Metropolen wurden solche Clubs durch Abstimmungen auf lokaler Ebene ermöglicht. Ansonsten gibt es keine gesetzliche Grundlage für Coffeeshops, Cannabis-Clubs oder Weed-Bars nach niederländischem und spanischem Vorbild. Hier besteht, trotz fast schon paradiesischen Zuständen, noch Handlungsbedarf.
